Mesa Boogie Carbine M9



Der M9 im Bandkontext

Der M9, bzw. seine Vorstufe, ist offensichtlich dafür designed, dass der Bassist sich in einem Bandsound mit zwei lauten, vollverzerrten Gitarren, die den Mittenbereich dominieren, irgendwie halten muss. Er hat Power ohne Ende, der Bassbereich geht kellertief runter und ist sehr klar, die Höhen sind aggressiv und der Anschlag wird schnell und unkomprimiert übertragen. Beim Bass Strategy 8:88 hatte ich zu Beginn denselben Eindruck, allerdings gemildert durch die Röhrenendstufe. Kein Wunder, denn die beiden Amps haben quasi dieselbe Vorstufe, wobei ich den flüchtigen Eindruck habe, dass die Preset-Voicings und die 3-Band-Regelung im Detail Unterschiede aufweisen.

Formfaktor

2HE, leicht zu tragen, 1 Klinkeneingang, aktiv/passiv-Schalter (der bei Boogie etwas komplexer ist als ein reiner Pad, Mesa ändert auch die Eingangsimpedanz), schön fett laufende Regler, 3-Band-EQ, Deep-Toogle, 9-Band-Graphic-EQ, Kompressor, Voicing-Presets, Mastervolume mit Mute, Powerswitch. Soweit alles sofort verständlich. Hinten die übliche Anschlußperipherie mit allem, was man so braucht. Relativ dämlich ist, dass der Mastervolume als Push/Pull-Funktion auch der Mute-Schalter ist. Es ist quasi unmöglich, den Amp stumm und wieder laut zu schalten, ohne die Gesamtlautstärke zu verändern. Nimmt man hinzu, dass der Mastervolumen auch noch selten dämlich ausgelegt ist (brutal laut am Anfang des Regelweges, deutliche Lautstärkesprünge bei kleinsten Veränderungen) dann kann ich nur konstatieren, dass diese eine Regeleinheit komplett fehlkonstruiert ist.

Sound

Der M9 klingt klar und sauber, ohne jede Verzerrung. Was aber überhaupt nicht bedeutet, dass er neutral klingen würde. Das hier ist kein Glockenklang (nüchterner deutscher Ingenieursamp) sondern ein Mesa Boogie (lot's of attitude, plenty of character). Der M9 legt ein erhebliches Mittenloch an den Tag, sein Grundcharacter ist offensichtlich in Richtung Ampeg getrieben. Es gibt da diese etwas nörgeligen Hochmitten, die gemeinhin als „rockig“ angesehen werden. Einen gepflegten Fusion- oder Latinton bekommt man wahrscheinlich nur mit massivem EQing hin, wenn überhaupt. Ich habe das Gain bislang nur auf 12:00 stehen lassen, darüber hinaus fliegt einem (aufgrund des blöden Maservolumeregelweges) die Bude um die Ohren. Und wir spielen bestimmt nicht leise. Ob der Ton des Amps sich bei höheren Gainsetting noch weiter ändert (ich hoffe mal) muss ich auf den nächsten Proben noch erforschen.

Treter

Ich habe noch keinen Amp zwischengehabt, der die Unterschiede zwischen Zerren so plakativ herausstellt. Gestern hatte ich den Okko Motörbass und den Fulltone Bass Driver dabei. Unterschiede wie Tag und Nacht, der Motörbass klingt räudig und klaut deutlich Bässe, der Fulltone klaut ein wenig Bässe und bringt ein mittigeres Klangbild. Bei beiden klingen die Zerrfrequenzen ultratransparent, es ist als ob man bei einer Kamera das Bild scharfgestellt hätte. Sehr erstaunlich.

Coming home

Nach der halben Probe bin ich wieder zu meinem Titan V12 gewechselt. Das war dann wie nach Hause kommen. Ein breites Mittenspektrum, tragende Bässe und leicht komplimierte Höhen. Damit fühlte ich mich wohler.

[Marc schrieb letztens]

habe versucht dem Mastervolume des M9 zu bändigen, indem ich so'n Lehle-Helferlein eingeschleift und den SEND-Pegel massiv runtergedreht habe. Erfolg: so mittel. Ja, man muss jetzt nur noch feinfühlig pegeln, nicht mehr mit spitzen Fingern...mhmhhm

M9 Klangtuning: VOICE 5 bringt Aggromitten, GAIN auf 14:00 (da hilft obige leichte Bändigung) entlockt dem Preamp ein erstes rauhes Mittentimbre, MID auf 14-15:00 legt noch etwas mehr Heiserkeit rein (wobei der Regler jenseits von 12:00 einen sehr sublimen Effekt hat), TREBLE auf 9:00 runter damit die Trommelfelle nicht perforiert werden, BASS auf 11:30

-> aah ja, da nähere ich mich einem räudigen, schnellen Entwistle-Ton. Allerdings sehr schnell im Attack, immer etwas brutal

-> und auch weiterhin habe ich an noch keinem Amp die verschiedenen Zerrtreter so differenziert voneinander hören können. Wahnsinn.


Gestern endlich Probe mit den Einstellungen. Und?... Super!

Direkt von Anfang an fühlte ich mich extrem wohl. Nur kurz die Höhen korrigiert und Master an die Drums angepasst. Es puncht, es gröhlt und es attacked. Die Bässe sind schnell, sauber und kontrolliert, nicht so pillow-ig wie beim Titan. Die Hochmitten weiterhin sehr transparent und offensiv, Zerrtreter sind nicht einfach Lärm sondern man hört quasi jedes einzelne Bröckeln. Die Höhen sind komprimiert und sitzen richtig. Für mich ist extrem wichtig, dass jeder Anschlag da ist, und zwar in den Bässen und den Höhen. Und das kann dieser Amp. Die Transienten liegen praktisch unter den Fingern, für ultraschnelles Geballer ist immer genug Energie in Trafo und Elkos, um das bedienen zu können. Slapsounds klingen auch super, vielleicht ist Gain auf 14:30 etwas zuviel des guten, zuviel Kompression, werde das mal dezent runterregeln. Schön ist, dass der M9 gar nicht mal besonders heiß wird, die Endstufe scheint doch etwas stabiler zu sein als die des Titan.

Fazit: Gain >12:00 und massiv am EQ schrauben lohnt sich bei diesem Amp